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Mühlenmänner


Rede und Laudatio an die drei Mühlenmänner anlässlich der Verleihung des Kulturpreises 1994 der Stadt Bendorf

Laudator: Kulturdezernent u. 1. Beigeordneter der Stadt Bendorf: Gerd Saxer

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Gäste,
sehr geehrter Herr Fritz Bode,
sehr geehrter Herr Emil Holler,
sehr geehrter Herr Franz Lenßen,

die Verleihung des Kulturpreises der Stadt Bendorf, die zum 2. Mal nach der Verleihung an einen großen Bürger unserer Stadt, Herrn Hans Schadenstein, stattfindet, ist eine bedeutende Station und gleichzeitig Höhepunkt in der kommunalen Kulturpolitik. Sie gibt in vielerlei Hinsicht Anlaß zu beleuchten, was die bewegenden Momente sind, die hierbei mitschwingen. Die Zeit einmal festzuhalten und wenn es nur für einen Bruchteil unseres gemeinsamen Lebens in dieser Stadt ist, dies soll auch Anlaß meiner Laudatio sein.

Ich will meine Betrachtung damit beginnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wieso gerade Kulturpreis der Stadt Bendorf ?
Wir wissen, daß für die Praxis kommunaler Kulturpolitik sich aus dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes eine 2-fache Verpflichtung ergibt:
1. Durch entsprechende Förderung und Vermittlung die Produktion von Kunst und Kultur sicherzustellen und
2. diese mit öffentlichen Mitteln geförderte Kunst und Kultur möglichst allen Bürgern in gleicher Weise zugänglich zu machen.

Stichwort: Kultur für alle

Diese Verpflichtung sollte die Kommunen anspornen, einerseits für ein möglichst differenziertes Angebot an Kunstrichtungen unterschiedlicher Auffassungen zu sorgen und andererseits gleichzeitig die Unterstützung von Künstlern im engeren, aber auch im weiteren Sinne, wenn ich von Freitzeitkünstlern sprechen darf, zu gewährleisten. So ist es daraus zulässig, Kulturpreise nach einem breiten Band von Kriterien zu verleihen. Dies war auch die Auffassung des Rates und des Sozial- und Kulturausschusses der Stadt Bendorf im Jahre 1991, als man über die Verleihungsordnung befand. Also das Ziel lautet, die Würdigung nicht zu verkürzen auf einen Kunstpreis sondern die Öffnung ihrer durch die Verleihung eines Kulturpreises über die Bereiche bildende Kunst, Literatur, Musik und Heimatgeschichte hinaus. Diese Pluralität setzt sich auch fort in dem Gedanken, der in dieser Verleihungsordnung manifestiert wurde, daß der Kulturpreis an Personen, Vereine, Gruppen und Institutionen verliehen werden kann.

Es kann als weiterer Beleg herangeführt werden, meine Damen und Herren, daß damit auch einem weit verbreiteten Vorurteil entgegengewirkt werden sollte, daß Kulturarbeit im politischen Raum noch immer „eine Feigenblattfunktion hat" - ja, die Kultur schlechthin noch in Legitimationsnöten und Aufrechnungskämpfen mit anderen Bereichen der öffentlichen Haushalte steckt. Aber, meine Damen und Herren, wo stehen wir heute ? Die Formel „Kultur für alle" oder auch, lassen Sie mich das so salopp sagen das „Sonnenbad in der Kultur". geht leicht von der Zunge, weil sie eine überzeugende demokratische Forderung darstellt. Welcher Parlamentarier respektive Kommunalpolitiker könnte auf sie verzichten ? Welcher Kulturarbeiter, in welcher Institution auch immer, der von den Mittelzuweisungen der Volksvertreter auf irgendeiner Ebene abhängig ist, könnte etwas Besseres anbieten als eine wenigstens verbal allen zugängliche Kultur ? Und. so kommt es nicht von ungefähr, daß Kulturarbeit permanent auf den finanzpolitischen Prüfstand gestellt wird, permanent in den Kontext der Haushalte gezwängt wird und sie dabei allzu oft vernachlässigt wird. Sponsoring, neue oder auch, wenn man so will, alte Verbündete, Mäzenaten, das ist auch für die öffentliche Hand heute die Zauberformel. Deswegen gilt mein Dank und ich sage dies vorab schon, im Besonderen der Energieversorgung Mittelrhein, die den finanziellen Hauptpart übernommen hat sowie der Sparkasse Koblenz.

Mit dieser Vorbetrachtung fällt es mir leicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf die wohl in dieser Stadt einmalige Initiative, eine kulturelle Initiative der Herren Fritz Bode, Emil Holler und Franz Lenßen sprechen zu kommen. Es ist nämlich ein Indiz dafür, ob eine Stadt wirklich Kultur auf breiter Basis besitzt, Kultur nicht nur professionell ausgeübt wird. Gemeint ist das kulturelle Reservoir aus leidenschaftlich engagierten Idealisten, die anstatt nur zu bewundern, lieber selbst aktiv werden. Ohne deren Aktivität fehlen die Grundlagen für die lokale Geschichte. Diese sind oft genug allein, die das realisieren, was wir in der Charakterisierung von Nietzsche dezentralisierte Kulturarbeit nennen, um genau mit ihm, Nietzsche, zu sprechen „abseits von Markt und Ruhm".

Was will ich damit sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren ? Das, was die Herren Bode, Holler und Lenßen geleistet haben und noch leisten, ist nicht wiederholbar. Tausende von Arbeitsstunden wurden in die seit dem Jahre 1986 im Eigentum der Stadt stehende Heins Mühle investiert. Eine außergewöhnliche Leistung, die Mühle wieder so auszugestalten, ja zu vitalisieren, sie in ihrer Blüte und Pracht und Funktionalität der Öffentlichkeit zu präsentieren, ist in unserem Gemeinwesen schon eine einmalig bedeutsame Leistung. Ich will den formalen Akt des Denkmalschutzes der Unteren Denkmalpflegebehörde nicht geringschätzen. Aber die historische Bedeutung dieser Mühle und ich unterstelle dabei, daß allen die Historie, die wechselvolle Geschichte bekannt ist, forderte den Denkmalschutz geradezu heraus. Gott sei Dank hat Denkmalschutz in den letzten 20 Jahren einen besonderen Stellenwert in der Arbeit und dem Bemühen unserer Gemeinden bekommen. Viele, die über die Stadt von heute nachdenken, befällt geradezu der Unmut über die bauliche Wirklichkeit. Städte brauchen nicht mehr länger nur ein Image, ein Vorstellungsbild. Sie brauchen ihr individuelles bauliches Selbstverständnis. Denn die vielgepriesene Modernität scheint brüchig geworden zu sein und steht allzu oft im Widerspruch mit dem Geist des kommunalen Gemeinwesens. Das Geschichtsbewußtsein, das Bewußtsein des Gewachsenen, was auch immer darunter verstanden wird, setzt sich mehr und mehr durch. Die Vision von George Orwell's „1984", die manche geistige und technische Bereiche schon erobert hat, tritt vielerorts optisch in Erscheinung und bedrückt viele Menschen. Eine Zukunft für unsere Vergangenheit, so hieß der Wahlspruch zum Europäischen Denkmalschutzjahr. Dieses Motto spricht uns alle an, wenn wir an die Leistung der Mühlenmänner hier und heute durch die besondere Würdigung erinnern.

Damit geht aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch eine weitere Reflektion mit einher. Nämlich mit dieser Leistung wird auch ein weiterer starker Impuls gegeben für die fremdenverkehrspolitische Entwicklung unserer Heimatgemeinde. Dabei verweise ich auf den Rahmenplan Touristik und Verkehr und auf das von dem Marketinginstitut Berger verfaßte Gutachten. Ein entscheidender Wertewandel und Konsumverhalten hat sich in der Gesellschaft der 90er Jahre, meine sehr verehrten Damen und Herren, vollzogen. Mit Hilfe der Masslowschen Bedürfnispyramide läßt sich darstellen, daß gerade die Bereiche Natur und Kultur bei den Bedürfnissen der Gesellschaft ganz vornean stehen. Und diesbezüglich kann die Stadt Bendorf vieles aufbieten.

Sie, meine verehrten Herren, haben entscheidend mit dazu beigetragen, daß wohl ein letztes Kleinod in dieser Region, nämlich die Hein's Mühle, uns und der Nachwelt erhalten bleibt. Wenn ich davon sprach, daß die Hein's Mühle eine wechselvolle Geschichte hat, so komme ich gerne auf eine Epoche zurück, die mir bei meiner Recherche für diese Rede besonders auffiel. Als Quelle gebe ich hier gerne den Aufsatz von Herrn Dietrich Schabow in dem von der fürstlichen Familie herausgegebenen Buch „Sayn - Ort und Fürstenhaus" an. Der Geschichte zufolge wurde die Hein's Mühle von Freiherr Ludwig Wilhelm Josef von Boos-Waldeck am 10.12.1759 von Freiherrn von Wenz gekauft. Freiherr Ludwig Wilhelm Josef von Boos-Waldeck war zugleich Erbe des großen Reiffenberg "schen Besitzes und er hatte 1757 das Reiffenberg "sche Burghaus in ein barockes Herrschaftshaus umwandeln lassen, ein schloßartiges Gebäude, wie wir es von alten Abbildungen her noch kennen. Die Familie von Boos-Waldeck besaß nun wie der Abt 2 Burgherrenstimmen, konnte also ihren Einfluß in der Gemeinde über die Bestellung der Bediensten voll geltend machen. In einem Protokoll aus dem Jahre 1786 heißt es, daß wieder gemäß uraltem Recht und Gewohnheit der Burgherrentag abgehalten wurde. Die neuen Amtsträger, darunter ein Oberbürgermeister (Gotthard Anhalt) und ein Unterbürgermeister (Johannes Schmalenbach), wurden von den Burgmännern bestimmt, der Bevölkerung vorgestellt und dem Trierischen Amtmann des Amtes Vallendar, zu dem Sayn spätestens seit 1738 gehörte, zur Vereidigung gemeldet. Doch der Amtmann lehnte diesmal eine Vereidigung ab. Er machte nämlich den Burgherren ihre Rechte streitig, die ganz im Sinne des Absolutismusses, die Macht der Stände zu Gunsten einer starken Zentralgewalt einschränken wollten. Der Amtsverwalter warf den Burgherren vor, sie hätten sich Rechte in der Gemeinde angemaßt, er denke nicht daran, Leute zu vereidigen, die von diesen ausgewählt seien. Und was lernen wir daraus, meine sehr verehrten Damen und Herren ? Es geht doch nichts über eine Urwahl. Mit diesem kleinen Ausflug in die Sayner Geschichte komme ich wieder zurück auf die Preisträger.

Die Jury, meine sehr verehrten Damen und Herren, hatte ja, wie so oft, die Qual der Wahl. Dennoch fiel ihre Entscheidung, den Mühlenmännern den Kulturpreis des Jahres 1994 zu verleihen, einstimmig aus. Sie war der Auffassung, daß die Ehrung des Landes, nämlich durch die Verleihung des Wappentellers des Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz zugegebenermaßen auch eine wertvolle ist. Dennoch die Ehrung müsse gipfeln in der Verleihung des Kulturpreises, die wohl höchste Ehrung auf dem kulturellen Sektor in unserem Gemeinwesen.

Dieses von den Herren Bode, Holler und Lenßen geschaffene Werk handelt von hohen menschlichen Idealen, Zielen und Wertvorstellungen. Dies zeigt, daß dem Geist der Kultur untrennbar eine starke Liebe zur Heimat innewohnt. Ehrenamtliches Engagement in der Kultur hat durch die Preisträger in unserer Stadt eine neue Dimension, eine neue Orientierungsaufgabe gefunden. Lassen Sie mich mit den Jurymitgliedern sagen, denen ich ebenfalls für ihre Mitarbeit im Besonderen danken möchte, die Herren Bode, Holler und Lenßen haben sich für diese Stadt, für unser schönes Gemeinwesen, besonders verdient gemacht. Sie gehen als „die Mühlenmänner" in die Geschichte unserer Stadt ein. Sie sind würdige Träger des Kulturpreises des Jahres 1994 der Stadt Bendorf. Ihnen gilt unser allerherzlichster Glückwunsch. Mögen sie uns noch lange bei guter Gesundheit erhalten bleiben. Ihre Familien können stolz auf sie sein und stolz sind dies auch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bendorf.

Ich danke Ihnen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

© Förderverein Hein's Mühle, Bendorf-Sayn 2007. Letzte Änderung am Sonntag, 20. Dezember 2009.